St. Gallen Business Review: Investieren in die Anlageklasse Infrastruktur

St. Gallen Business Review: Investieren in die Anlageklasse Infrastruktur
Die Originalveröffentlichung finden Sie hier.

Im zurückliegenden Jahr waren die Energiemärkte vor viele unbekannte Herausforderungen gestellt. Sie befassen sich bei Energy Infrastructure Partners bereits seit 2014 mit kritischer Infrastruktur. Welche Marktverhältnisse haben in Ihren Augen zur aktuellen Lage geführt?

Diese Frage ist spannend. Viele Leute denken, der Grund für die Probleme an den Energiemärkten sei der Ukrainekrieg. Wir glauben aber, dass eine Erklärung nicht so einfach ist und die Ursachen viel tiefer liegen. Wir sehen den Ukrainekrieg weniger als Ursache, sondern mehr als Auslöser. Der Ukrainekrieg selbst begann zu einer Zeit, in welcher die Situation an den Energiemärkten bereits sehr angespannt war. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Zum damaligen Zeitpunkt war die Atomflotte Frankreichs etwa zur Hälfte in Revision, welche zudem länger als ursprünglich geplant andauerte. Dass diese Revision dann mit dem Ukrainekrieg koinzidierte, war natürlich sehr unglücklich, zumal durch die Revision der Kernkraftwerke bereits weniger Strom ins europäische Energienetz eingespeist wurde und nun auch noch der Gasfluss von Russland nach Europa gedrosselt wurde. Darauf reagierte der Markt sehr empfindlich. Dass in der Vergangenheit beim Aus- und Umbau des Energiesystem das Augenmerk vor allem auf der Dekarbonisierung und weniger auf der Versorgungssicherheit lag, trug natürlich auch sein Übriges dazu bei.

Sehr spannender Blickwinkel! Mittlerweile sind einige der von Ihnen angesprochenen Probleme beispielsweise in Frankreich teilweise behoben worden. Allerdings kann nicht beobachtet werden, dass sich die Energiepreise wieder weitestgehend normalisieren. Woran liegt das?

Aktuell sind immer noch sieben Atomkraftwerke in Frankreich vom Netz getrennt. Das ist ein Faktor. Ein weiterer Faktor ist, dass ausbleibendes russisches Gas durch Substitute ersetzt werden muss. Jedes Substitut für russisches Gas ist teurer als das russische Gas selbst. Da das Gas dann verstromt wird, wird der Strom insgesamt entsprechend teurer. Dies liegt daran, dass auf dem Strommarkt ein sogenanntes Merit Order Modell verfolgt wird. Hierbei werden die Kraftwerksleistungen nach steigenden Grenzkosten geordnet. Die Preissetzung wird dann durch das Kraftwerk mit den höchsten Grenzkosten bestimmt, das gerade noch benötigt wird, um die Marktnachfrage zu decken. Durch die generelle Energieknappheit sind in Europa normalerweise Gaskraftwerke diejenigen Kraftwerke, die gerade noch benötigt werden, um die Stromnachfrage zu decken. Damit agieren sie preissetzend, auch für alle anderen Energieformen.

Wenn also gefragt wird, wie lange es noch geht, bis wir wieder zurück zu den Strompreisen von vor der Krise kommen, lautet die Antwort leider: so schnell wird das nicht passieren. Solange jedes Substitut für russisches Gas teurer ist als das russische Gas selbst, bleiben die Strompreise hoch.

Bestimmte Substitute für russisches Gas werden vermutlich relativ schnell zur Verfügung stehen. Der Versuch möglichst schnell Ersatz für das ausbleibende Gas aus Russland zu finden, könnte womöglich auch Investitionen in erneuerbare Energieträger beeinträchtigen. Teilen Sie diese Befürchtung?

Ich glaube ebenfalls, dass entsprechende Substitute schnell verfügbar sein werden, wohingegen Investitionen in nachhaltige Energieträger, die womöglich langfristig sogar weitaus günstiger sein können, nicht so schnell umgesetzt werden können. Der Bau von LNG-Terminals in Deutschland beweist genau das. Derartige Bauten, die heute nicht einmal 10 Monaten benötigen, wären vor der aktuellen Krise vermutlich nicht einmal in 10 Jahren fertiggestellt worden. Der Ausbau von erneuerbaren Energien hingegen ist durch langwierige Bewilligungsverfahren weiterhin sehr zeitintensiv, obwohl die Erneuerbaren gegenüber konventionellen Energieerzeugern recht schnell zu bauen wären.

Durch einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien nahe am Verbraucher können wir nicht nur unseren CO2 Ausstoss senken, sondern aus geopolitischer Perspektive auch unsere Versorgungssicherheit erhöhen.

Auf den Punkt Nachhaltigkeit werden wir noch zu sprechen kommen. Um aber noch kurz beim Thema Versorgungssicherheit und den aktuellen Marktverhältnissen zu bleiben, sehen Sie eine Perspektive dafür, Planungs- und Genehmigungsverfahren für nachhaltige Energieträger ähnlich stark zu vereinfachen und zu beschleunigen wie im Fall der LNG-Terminals?

Zumindest das Bestreben von Seiten der Politik, genau dies zu tun, können wir in vielen Ländern beobachten. Die Schweiz ist hierfür ein gutes Beispiel. Aber auch in anderen europäischen Ländern wie beispielsweise in Frankreich stellen wir Ähnliches fest. Ich persönlich würde behaupten, dass das aktuelle Umfeld auch als ein günstiges Umfeld für den Umbau unseres Energiesystems begriffen werden muss. Hierbei geht es auch um Fragen der Dezentralisierung unseres Netzes und um die Umstrukturierung der bisher unflexibel angelegten, mehrheitlich für zentrale Grossanlagen gebauten Stromnetze. Schliesslich geht es nicht nur um die Erzeugung von Energie, sondern auch um die sinnvolle Verteilung ebendieser. Das alles führt zu einem enormen Investitionsbedarf. Wie gesagt, zum Glück sehen wir in dieser Hinsicht den entsprechenden politischen Willen.

Sehr spannend! Kommen wir zu einem anderen Thema. Mit Ihrem Unternehmen Energy Infrastructure Partners war Ihr ursprüngliches Ziel, erneuerbare Energien auch investierbar zu machen. Mittlerweile haben Sie bereits viele Investitionen in diesem Bereich gemacht. Was ist Ihr nächstes Ziel?

Am Anfang stand, dass wir Energieinfrastruktur für die Schweizer Bevölkerung über Versicherungen und Pensionskassen investierbar machen wollten. Seither sind wir immer weiter von innen nach aussen gewachsen. Schon während unserer Anfänge wurden wir gefragt, warum wir nur in Energieinfrastruktur investieren. Für uns war dabei immer klar: Energieinfrastruktur ist für uns ein defensiver Sektor in der Anlageklasse Infrastruktur, der zudem eine enorme volkswirtschaftliche Bedeutung hat. Daher wollen wir uns genau hierauf fokussieren. Durch diesen Fokus können wir nur über die Erweiterung unseres geographischen Einzugsgebiets wachsen. Genau das haben wir beispielsweise mit einem nur für ausländische Investitionen aufgesetzten Fonds in die Tat umgesetzt. Momentan haben wir neben unserem Standort in Zürich auch einen Standort in Luxemburg. Aktuell wird ein Büro in Deutschland aufgebaut. Danach wollen wir ausserhalb von Europa mit Standorten in den USA und Asien wachsen.

Eine Region, die Sie nicht genannt haben, ist Lateinamerika. Vor allem dort sind enorme Infrastrukturinvestitionen nötig. Wie kommt es, das Lateinamerika bei Ihnen keine Priorität geniesst?

Wie Sie schon richtig gesagt haben, geniesst Lateinamerika bei uns keine Priorität. Wir haben bei der Auswahl der Regionen, in denen wir aktuell investieren wollen, einen sehr strikten Filter angelegt. Wir wollen uns primär dort engagieren, wo wir langfristig stabile Rahmenbedingungen erwarten. Kriterien bei der Auswahl sind beispielsweise ein Investment Grade Rating der entsprechenden Länder und ein MSCI ESG Government Rating von mindestens BBB zum Zeitpunkt der Investition. Zudem müssen die Länder Mitglieder der OECD sein. Durch diese drei Filter scheiden sehr viele Staaten aus. In Lateinamerika bleibt damit nur Chile übrig. Chile ist aber nicht unser Fokus.

Vielmehr wollen wir uns ausserhalb von Europa auf Länder wie Südkorea, Japan, Australien oder Neuseeland konzentrieren. In solchen Ländern finden wir eine angemessen hohe Rechtssicherheit wieder. Da wir einen langfristigen Horizont haben, ist uns das wie gesagt besonders wichtig. Auch in den USA finden wir ein solches Umfeld vor. Zudem wurde erst kürzlich der Infrastructure Investment and Jobs Act verabschiedet, der enorme Investitionen auch in die Energieinfrastruktur vorsieht. In einem solchen Markt wollen wir umso präsenter sein.

Im Private Equity beträgt der gewöhnliche Anlagehorizont in etwa sieben Jahren. Ist es mit Investitionen in Energieinfrastruktur überhaupt möglich, einen solchen Anlagehorizont zu realisieren, sprich das Investment nach sieben Jahren wieder zu verkaufen?

Sie sprechen einen interessanten Punkt an. Wir wollen nämlich nicht primär Kapitalgewinne erzielen, sondern über lange Frist die Cash Flows ernten. Als wir mit Energy Infrastructure Partners begannen, haben wir deshalb immer gesagt, dass die typischen Anlagehorizonte aus dem Private Equity hierfür viel zu kurz sind. Selbst bei Solaranlagen sprechen wir von einem Anlagehorizont zwischen 25 und 35 Jahren. Bei Wasserkraft liegt dieser gar zwischen 40 und 80 Jahren.

Vielen Energieversorgern ist im Laufe der letzten Jahre zudem klar geworden, dass es unterschiedliche Arten von Finanzpartnern mit unterschiedlichen Anlagehorizonten gibt. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir sehr, sehr langfristig investieren wollen. Deshalb haben wir zum einen Vehikel aufgesetzt, die einen offenen Anlagehorizont haben, sogenannte Open End Strukturen. Zum anderen haben wir auch sogenannte Closed End Strukturen, also Anlagestrukturen mit einem definierten Anlagehorizont, in unserem Fall von meist über 25 Jahren, aufgesetzt. Mit derartigen Strukturen haben wir beim Sourcing von Anlagemöglichkeiten grosse Vorteile. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es um die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand geht. Aber auch für die industriellen Partner sind wir ungleich attraktiver, weil wir eben sehr langfristig denken.

Wenn man nun von Pensionskassen als Limited Partners in Ihren Fonds absieht und den Blick in Richtung internationaler Investoren richtet, die für gewöhnlich einen Exit nicht erst nach 25 Jahren erwarten, konnten Sie bei diesen Geldgebern in den letzten Jahren einen ähnlichen Shift hin zu längeren Investmenthorizonten ausmachen?

Was wir in der Tat sehen, ist ein wachsendes Interesse an langfristigen Anlagevehikeln, welche die Cash Flows über Jahre ernten. Neben Pensionskassen haben insbesondere Versicherungen oder Staatsfonds ein grosses Interesse an diesen langen Anlagehorizonten. Aber auch Family Offices zeigen ein wachsendes Interesse. Wir haben ausserdem festgestellt, dass Limited Partners, die in Produkte mit einer kürzeren Laufzeit von beispielsweise zehn Jahren investieren, nach dem Cash Out das Geld häufig wieder in die gleiche Anlageklasse reinvestieren. Eine Investition ist aber immer mit Kosten beispielsweise für Anwälte oder Berater verbunden. Somit hat sich bei vielen die Erkenntnis eingestellt, über längere Anlagehorizonte zu investieren und dadurch Kosten zu sparen.

Der Begriff ist zwar negativ konnotiert, aber somit wäre Energy Infrastructure Partners ja vergleichbar mit einem Energiekonglomerat, oder?

Wir sprechen lieber von einem ausbalancierten, diversifizierenden Portfolio. Aber der Hauptwert für uns liegt in den laufenden Cashflows.

Sie treten als privater Investor in oftmals auch kritische Infrastruktur auf. In dieser Hinsicht besteht in der Regel ein hinreichendes öffentliches Interesse und ein grosser Teil der Infrastruktur ist bereits stark reguliert. Sehen Sie einen Konflikt zwischen Aspekten der Marktfreiheit und dem Interesse der Öffentlichkeit?

Ich bin der Meinung, dass private Träger und die öffentliche Hand letztendlich Hand in Hand arbeiten sollten. Darin liegt die Lösung. Die Privatwirtschaft ist meistens sehr gut darin, Kapital zu akkumulieren und dieses dann an die richtigen Stellen zu bewegen. Der grösste Beitrag, den die öffentliche Hand leisten kann, ist es, für langfristig stabile Rahmenbedingungen zu sorgen, damit Unsicherheiten von Seiten der Investoren vorgebeugt werden können. Stabile Rahmenbedingungen helfen dabei, die Volatilität, sprich das Risiko, zu senken, womit auch die Risikoprämien sinken. Schlussendlich sinken damit dann auch die Kapitalkosten, was Infrastrukturinvestitionen insgesamt vergünstigt. Diese Feststellung gilt sowohl für die Eigenkapital- als auch für die Fremdkapitalseite. Unterm Strich ist das alles auch für die Konsumenten von Vorteil, da dadurch die Infrastruktur effizienter und günstiger betrieben werden kann. Das wiederrum sollte eigentlich auch im Interesse der Politiker liegen.

In der vergangenen Ausgabe zum Thema Aspiration hatten wir auch mit Mirjam Staub-Bisang, der Country Managerin von BlackRock in der Schweiz gesprochen. Eine interessante Aussage von ihr war, dass es auch wichtig sei, in initial noch nicht nachhaltige Assets zu investieren, um diese dann schrittweise nachhaltig zu gestalten. Manche dreckigen Assets verschwinden ja nicht aus der Welt nur weil immer mehr Investoren klare Nachhaltigkeitsrichtlinien verfolgen. Stellt die Investition in bisher umweltunfreundlich Assets zum Zweck der Transformierung auch eines Ihrer Vorgehen dar?

Diese Möglichkeiten sehen wir durchaus, wobei man dazu sagen muss, dass wir nie selbst direkt in Kohle oder Öl investieren würden. Das ist auch eine Risikoüberlegung. Was ich aber schon sagen würde, ist, dass gerade Gas in einer Übergangsphase eine Daseinsberechtigung hat. Gegenwärtig könnten wir allein mit erneuerbaren Energien das Energiesystem nicht stabil genug halten. In das Stromnetz muss zu jedem Zeitpunkt so viel Strom eingespeist werden, wie gleichzeitig entnommen wird. Ist dies nicht der Fall ist, dann wird das ganze Stromnetz instabil und gefährdet die Versorgungssicherheit. Allein mit erneuerbaren Energien lässt sich aufgrund der Volatilität von Wind und Sonnenschein keine sichere Grundlast erzeugen. Um die Versorgungslage zu stabilisieren, benötigen wir deshalb zum Beispiel Pumpspeicher- und Gaskraftwerke, die sich sehr schnell ans Netz nehmen lassen, um etwaige Flauten der Erneuerbaren zu Spitzenlastzeiten auszugleichen. Deshalb haben Gaskraftwerke aktuell durchaus auch ihre Daseinsberechtigung. Interessanterweise liesse sich auch die Gastransportinfrastruktur für den Transport von Wasserstoff wiederverwenden. In diesem Bereich besteht also auch langfristig sehr viel Potential.

Nun ist aber auch nicht alle Gold was glänzt bzw. nicht alles grün was zunächst grün erscheint. In Brasilien beispielsweise gibt es Staudämme zur Erzeugung von Wasserkraft, die durch die Verrottung organischer Materialien am Grund der Stauseen enorme Mengen an Methan ausstossen, was rund 25-mal klimaschädlicher ist als das Klimagas CO2. Forscher schätzen, dass der Klimaschaden solcher Staudämme pro Kilowattstunde Strom bei dem bis zu 40-fachen einer von einem Kohlkraftwerk produzierten Kilowattstunde liegt. Wie werden solche, teilweise nicht offensichtliche Klimaschäden, behandelt?

Bei dieser Frage kann ich nur für uns sprechen. Das Thema ESG hat bei uns einen sehr hohen Stellenwert. Also sowohl das Thema Environment als auch die Themen Social und Governance. Wir haben sogar ein separates Investment Committee, das Investitionen zunächst nur auf diese Kriterien überprüft. Erst wenn das Investment von diesem Committee genehmigt wurde, wird es an das reguläre Investment Committee weitergeleitet. Bedenken, wie von Ihnen angesprochen, würden natürlich genau überprüft werden. Ich bin kein Biologe, aber ich könnte mir vorstellen, dass derartige Probleme auch stark damit zusammenhängen, wo der entsprechende Staudamm überhaupt liegt und wie viel organisches Material am Grund des Sees lagert.

Sie haben zuletzt in Repsol Renovables, dem nachhaltigen Tochterunternehmen des Ölkonzerns Repsol investiert. Auch andere fossile Energiehersteller habe in den vergangenen Jahren Tochterunternehmen gegründet, die sich auf eine nachhaltige Energiegewinnung konzentrieren. Sollten zukünftig mehr dieser Konzerne Partnerschaften mit Investoren eingehen, die bereits Erfahrungen in diesem Bereich haben?

Für Industriepartner ist es spannend, mit Sektorspezialisten wie uns zusammenzuarbeiten. Durch einen Verkauf von Minderheiten steigern die Unternehmen ihre Liquidität, ohne die Kontrolle abzugeben. Am Ende haben sie jedoch die Auswahl, für welchen Partner sie sich entscheiden wollen. Da liegt es an uns zu überzeugen. Dies können wir einerseits durch unsere Expertise im Bereich von nachhaltigen Energien und versorgungskritischer Energieinfrastruktur, andererseits durch unseren langen Zeithorizont von erwähnten 25 bis 30 Jahren. Mit unserem Know-how helfen wir dann dabei, das Unternehmen auf längere Sicht weiterzubringen.

Werden solche Partnerschaften zukünftig für Sie noch wichtiger werden?

Partnerschaften mit Industrieunternehmen, das ist in unserer DNA. Von Anfang an wollten wir mit Industriepartnern investieren. Dass wir das Thema, bevor es in aller Munde war, angefangen haben zu bearbeiten, hilft uns heute natürlich. Für uns war diese Idee damals auch aus Risikoüberlegungen sinnvoll.

Man könnte denken, dass es momentan schwierig für Sie ist, neues Kapital für Investitionen zu erhalten, da Infrastrukturinvestments in den Portfolios von Asset Managern sehr hoch bewertet sind. Eine zu hohe Exposition in einem Markt wird bekanntlich gemieden, um Risiken zu minimieren. Spüren Sie das aktuell?

Es ist eher so, dass andere Anlagekategorien korrigiert haben und Infrastruktur dadurch bei einigen Investoren übergewichtet ist. Wir haben allerdings vom enormen Investitionsbedarf gesprochen. Zusammen mit anderen Faktoren wirkt sich das positiv auf die erwarteten Renditen aus und bietet Anreiz für Investoren, weiter in den Bereich zu investieren.

Liegt es vielleicht auch daran, dass institutionelle Investoren verstärkt ESG-Kriterien beachten und deswegen gezielt in nachhaltige Energieinfrastrukturen investieren wollen?

Mit Sicherheit, das ist ein Riesenthema. In der Schweiz, aber gerade auch in der EU mit der Taxonomie ist das sehr relevant. Man kann eigentlich kein Investmentvehikel mehr auflegen, ohne ESG-Faktoren zu beachten. Das ergibt aber auch aus betriebswirtschaftlicher Logik Sinn. Es werden schliesslich Risiken und Opportunitäten betrachtet. Risiken möchte ich möglichst vermeiden und Opportunitäten möchte ich realisieren. Es ist also essenziell, Themen wie den Klimawandel, Niederschlagsmuster oder ähnliche Faktoren zu beachten. Auch für uns ist das ein Bestandteil im Investmentprozess, den wir genau betrachten.

Sie sind nicht nur Verwalter, sondern auch Betreiber von kritischer Infrastruktur. Zuletzt haben wir immer häufiger Cyber-Angriffe auf Infrastruktureinheiten gesehen. Wie wollen Sie zukünftig mit diesem Problem umgehen und welche Vorkehrungen treffen Sie?

Während meiner Zeit in St. Gallen habe ich seinerzeit die Vertiefung Informationsmanagement belegt und habe somit eine hohe Affinität zu diesem Bereich. Vor allem in den letzten Jahren ist die Brisanz dieses Themas stark gestiegen. Seitdem Kraftwerke digitalisiert und ans Netz gebracht wurden, müssen neue Massnahmen getroffen werden. Früher musste man physisch in eine Anlage gehen, um Schaden anzurichten. Für uns bedeutet das konkret, noch häufigere Abfragen von Sicherheitssystemen zu machen und geeignete Massnahmen zu treffen, um uns vor solchen Cyberangriffen zu schützen.

Sie haben gerade angesprochen, dass man früher physisch in Anlagen gehen musste, um Schaden anzurichten. Die Ereignisse um die Beschädigungen an den Nord stream Pipelines deuten ebenfalls auf eine physische Sabotage hin. Werden Probleme, die man in der Vergangenheit bereits hatte, somit wieder aktuell?

Als privatwirtschaftliches Unternehmen versuchen wir alles, um den physischen Schutz der Infrastruktureinheiten zu gewährleisten. Wenn es jedoch um die territoriale Integrität geht, ist dies grundsätzlich Aufgabe des Staates. Der Staat muss zudem sicherstellen, dass die Bevölkerung und insbesondere die versorgungskritische Infrastruktur geschützt wird. Die Politik ist sich dieser Aufgabe sehr bewusst und übernimmt sie auch. Wir versuchen dabei unser Risiko durch Diversifikation zu minimieren und erstellen Pläne, um im Worst Case-Szenario vorbereitet zu sein und den Schaden möglichst gering zu halten. Ausserdem komme ich dabei auf die Länder zurück, in denen wir investieren. Diese erfüllen bereits hohe Sicherheitsstandards.

In der Theorie könnte angenommen werden, dass Investitionen in nordischen Gebieten durch die Gefahr vonseiten Russlands eine höhere Risikoprämie bekommen müssten. Lässt sich dies am Markt erkennen?

Das ist ein interessanter Gedanke. Bis jetzt ist dies noch nicht zu beobachten. Das liegt wahrscheinlich an der politischen Stabilität und der starken militärischen Verteidigungskraft dieser Länder.

Abseits von den vielen Krisen, über die wir gesprochen haben. Was würden Studierenden raten, die sich intensiver mit dem Thema Infrastrukturinvestments auseinandersetzen wollen?

Ich kann nur empfehlen, viel zu lesen und Praktika zu machen. Ausserdem gibt es meiner Meinung nach zwei klare Gründe dafür, sich für Infrastrukturinvestments zu interessieren. Einerseits kann man das Geld von Pensionskassen investieren und dazu beitragen, dass die Begünstigten eine bessere Rente haben. Andererseits kann man an einer Transformation teilnehmen, die unsere Gesellschaft weiterbringt. Insgesamt ist wohl kaum ein Bereich volkswirtschaftlich so relevant wie die Energieversorgung. Wir haben während Corona gesehen, wie stets versucht wurde, den Betrieb notwendiger Infrastruktur aufrecht zu erhalten, auch von der Politik.

Zum Abschluss: Was macht Ihnen persönlich in diesen Tagen Hoffnung?

Das ist vor allem unser Team, mit welchem wir arbeiten. Wenn ich morgens ins Office komme, setzen sich da 90 Spezialisten tagtäglich hoch motiviert mit Themen rund um Investitionen in Energieinfrastruktur auseinander. Vor allem jeden Tag mit Mitarbeitern aus 26 Ländern zusammenzuarbeiten, begeistert mich immer wieder aufs Neue. Das ist die eine Seite, die mich motiviert. Auf der anderen Seite motiviert es mich natürlich zu sehen, welchen Impact wir haben. Aktuell könnte unser Portfolio das Äquivalent der Hälfte aller Schweizer Haushalte mit nachhaltigem Strom versorgen.

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